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VISUELLE BEOBACHTUNG MIT DEM TAL 1M

Beobachtung

Liste

DeepSky mit 4,5 Zoll Öffnung

Anfänger machen oft den Fehler, mit einer viel zu hohen Erwartungshaltung das erste Mal durch ein Teleskop zu blicken. Mit Fotos bester Qualität im Hinterkopf sehen sie dann erst mal nix, oder wenn´s hochkommt, einen kleinen grauen Fleck.

Ich betätige mich hier nun erst mal als "Miesmacher" und sage, wie es tatsächlich ist:

Visuelle Deep-Sky-Beobachtung mit einem 4,5"-Newton bedeutet:

  • Galaxien sind bis auf einige Ausnahmen runde, ovale, längliche oder strichförmige graue und meist schwache Flecken ohne Details, wenn man mal von der Helligkeitsverteilung absieht.
  • Kugelsternhaufen sind runde, meist krümelige, z. T. am Rand in Einzelsterne aufgelöste graue oder weiße Flecken. Hier gibt es aber auch mehrere schöne, helle und große Ausnahmen.
  • Offene Sternhaufen sind die abwechslungsreichsten Objekte: Von dicht wie ein Kugelsternhaufen bis nicht erkennbar (da zu locker) reicht das Spektrum, ebenso sind alle Größen, Helligkeiten und Zusammensetzungen vertreten.
  • Diverse Nebel gehören mit zu den besten Objekten am Himmel (Stichwort Orionnebel etc.), aber gerade bei Nebeln läuft nicht soviel mit 4,5", geschweige denn im Vergleich zu Fotographien.
  • Planetarische Nebel sind meist sehr kleine, relativ helle Scheibchen oder (fast) punktförmig.

ABER: Es macht trotzdem unheimlich viel Spass! Die Vielfalt der Objekte ist immer wieder für Überraschungen gut. Außerdem beobachte ich nach zwei Prinzipien:
Zum einen reines Genuss-Spechteln, bei dem ich schöne Objekte einfach zum Entspannen und Genießen anschaue. Als zweites suche ich die Herausforderung mit schwachen kleinen Flunzerl-Objekten, die man vielleicht nicht gerade in die 4,5"-Kategorie einordnen würde.

 

Erfahrung und Beobachtungstraining

Zwei altbekannte Sprüche lauten: 

  • Öffnung ist nur durch mehr Öffnung zu ersetzen.
  • Ein guter Himmel ist durch nichts zu ersetzen.

Diesen beiden Sprüchen stimme ich absolut zu, möchte aber noch einen Dritten hinzufügen:

  • Beobachtungserfahrung ist nur durch viel Öffnung zu ersetzen.

Es handelt sich hier um ein Problem, das jeder aktive Astronom wohl schon mal gehabt hat:

Entweder man freut sich wie ein Rohrspatz über die Sichtung irgend eines Objektes und lässt dies z. B. einen Laien wissen, der dann auch mal schauen möchte.
Dessen niederschmetternder Kommentar: "Ich sehe nichts!"

Oder, noch schlimmer, man kommt in die Lage, mal etwas Tolles herzeigen zu sollen. Au weia, nun geht es darum, ein passendes Objekt zu finden. Irgendwas findet sich dann, man erzählt begeistert von bestimmten Details und wie hell das Ding sei, aber solange es sich nicht gerade um den Orionnebel handelt, bleibt der entsprechende Kommentar des Gastes kaum aus: "Das? Das kleine schwache Fleckchen da?"

Hier spielt also das Training eines geübteren Beobachters eine wichtige Rolle. An Hand meiner Liste sah ich es selbst immer wieder, wie aus einem schwachen, kleinen, unauffälligen Objekt nach einem Jahr plötzlich ein helles, mittelgroßes, einfaches Objekt "geworden" ist.

Fazit: Als Anfänger sich nicht entmutigen lassen, als Fortgeschrittener Rücksicht auf Ungeübte oder Laien nehmen, damit sie sich nicht gleich enttäuscht von der Astronomie abwenden.

 

Visuell vs. Fotographisch

Dass niemand ein Hubble-Bild mit dem visuellen Eindruck vergleichen kann, ist wohl klar. Nur in den seltensten Fällen wird man auch mit mehr Öffnung visuell Farbe sehen. Aber selbst die einfachsten Schwarzweiß-Aufnahmen geben oft etwas völlig anderes wieder, als man tatsächlich sieht.

Ich möchte hier verschiedene Beispiele angeben, die zeigen, wie unterschiedlich Bild (links) und visuelle Wirklichkeit (rechts) sein können und was man visuell erwarten kann.

Hinweis:

Um eine optimale Vergleichbarkeit zu erzielen, sollte der Monitor so eingestellt sein, dass alle Grauabstufungen des Graukeils gut erkennbar sind. Insbesondere die Helligkeit sollte so sein, dass die Fläche ganz links bzw. der Hintergrund der Bilder ungefähr genauso schwarz wie der Seiten-Hintergrund erscheint!

 

 

Der Kugelsternhaufen NGC 2419

 

NGC 2419 fotographisch

NGC 2419 visuell

 

NGC 2419 ist der linke helle Klecks der Dreiereihe. Ich habe versucht, den visuellen Eindruck von NGC 2419 im TAL 1 ungefähr wiederzugeben. Dieser Kugelsternhaufen ist schwaches Objekt, das zudem durch die beiden hellen Sterne etwas überstrahlt wird. Enttäuschend? 

Vielleicht, aber dafür ist NGC 2419 der am weitesten von der Milchstraße entfernte Kugelsternhaufen, je nach Quelle zwischen 200 000 und 300 000 Lichtjahre weit weg. Er ist damit min. so weit entfernt wir die Magellanschen Wolken und könnte das Milchstraßensystem evtl. in Zukunft sogar ganz verlassen. Deshalb heißt er auch "Intergalaktischer Wanderer". Da er anders als die Magellanschen Wolken die Milchstraße nicht zu umkreisen scheint, sehen manche NGC 2419 schon jetzt als ein extragalaktisches Objekt an.

 

Die Galaxie NGC 5981

 

NGC 5981 fotographisch

NGC 5981 visuell

 

Drei Galaxien im Sternbild Drache bilden diese hübsche Kette. Die edge-on Galaxie NGC 5981 ganz rechts erscheint auf dem Photo ungefähr so hell wie die anderen beiden, aber visuell bleibt davon nichts übrig: Während NGC 5982 und NGC 5985 relativ gut zu erkennen sind, ist von der dritten weit und breit nichts zu sehen. Hinweis: Siehe auch die Zeichnung, die an meinem 12" f/4,7 Dobson entstand.

 

Der Offene Sternhaufen M 35 mit NGC 2158 (rechts unten)

 

M 35 fotographisch

M 35 visuell

 

Bei Offenen Sternhaufen wird des öfteren der Spieß umgedreht. Der visuelle Eindruck ist besser als das Foto erahnen lässt:

Dies liegt daran, dass bei einem Foto auch schwächere Sterne bis zu einer bestimmten Helligkeit vollkommen ausbelichtet werden, so dass der Himmelshintergrund mit massenhaft Sternen übersät ist, die in Wahrheit nur recht schwach sind. Außerdem erscheinen dadurch die Sterne fast alle gleich hell, nämlich einfach weiß. Die wahren Sternhelligkeiten sind auf Fotos oft kaum zu erkennen.

Bei NGC 2158 (ein Kugelsternhaufen, der viel weiter entfernt ist), ist es umgekehrt. Er erscheint visuell schwächer als auf dem Foto. Zudem erscheint er leicht diffus, also nebelig.

 

Die Galaxie NGC 891

 

NGC 891 fotographisch

NGC 891 visuell

 

NGC 891 gilt als eine Paradebeispiel einer edge-on-Galaxie, d. h. eine Spiralgalaxie, die man genau von der Seite sieht. Zudem hat sie auch noch ein auffälliges Staubband zu bieten, allerdings leider nicht mit 4,5 Zoll Öffnung! Außerdem ist sie ziemlich schwach, da die eigentlich recht hohe Helligkeit auf eine große Fläche verteilt wird. Deshalb reagiert sie auch sehr empfindlich auf zu hellen Himmel und kann dann auch in größeren Teleskopen nur schwierig sichtbar sein. Dadurch sind auch die dunkleren Außenbereiche nicht sichtbar, wodurch NGC 891 wie fast alle Galaxien kleiner als auf einem Foto erscheint.

 

Die Galaxie M51 mit NGC 5195

 

M 51 fotographisch

M 51 visuell

 

Die Spiralform, die M 51 auch den Namen "Whirlpool-Galaxie" einbrachte, ist normalerweise im TAL nicht zu sehen (wohl aber in größeren Teleskopen), allenfalls eine leichte Unregelmäßigkeit in der Scheibe. Nur in einer fantastischen Ausnahmenacht ist es mir gelungen, die Spiralstruktur zu erkennen. Siehe dazu in der Beobachtungsliste. Zusätzlich ist im oberen Teil in Vordergrundstern zu erkennen, der auf den meisten Fotos im Spiralarm-Gewirr untergeht und nicht sonderlich auffällt.

 

Der Kugelsternhaufen M15 

 

 

M15 ist auf diesem Foto ziemlich ausbelichtet, d. h. fast nur noch weiß. Am Rand sind viele Einzelsterne zu sehen. Beim Beobachten stellt man fest, das um ein kleineres helles Zentrum ein nach außen hin dunkler werdender Bereich liegt. Bei hohen Vergrößerungen erscheint das Zentrum sprecklig (krümelig), in den Randbereichen sind einzelne schwächere Sterne zu sehen.

 

Die Galaxien M 105, NGC 3384 und NGC 3389

 

 

M105 und NGC 3384 sind hell und sehr gut sichtbar. Sie haben einen kleinen, deutlich helleren Kern, der besonders bei höheren Vergrößerungen auffällt. NGC 3389 hingegen ist gleichmäßig diffus und ziemlich schwach.

 

Die Galaxie M 104

 

 

M 104 ist berühmt für ihr Staubband. Ihr Aussehen hat ihr den Namen Sombrero-Galaxie eingebracht. Visuell ist das Staubband nur bei höheren Vergrößerungen (ab 100x) sehr schwach sichtbar, bei  niedrigerer Vergrößerung sieht die Galaxie nur asymmetrisch entlang der Achse aus. Die schwächeren Außenbereiche (Halo) sind nicht zu erkennen, weswegen die Galaxie länglicher aussieht als auf dem Foto.

 

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© 2001 - 2006 Christian Schreiner